Incubus Leben in einer Welt von Superkraft-Nutzern
Chapter 358: Zwei Gefäße entsenden. Authentizität bestätigen
CHAPTER 358: ZWEI GEFÄSSE ENTSENDEN. AUTHENTIZITÄT BESTÄTIGEN
Im Umkreis von zehn Blocks um die Köderzone hatten die Dinge bereits begonnen, sich zu verbiegen.
Nicht auf einmal.
Nicht auf eine Weise, die Alarme auslösen oder Sicherheitsüberprüfungen veranlassen würde.
Nur kleine Dinge, langsame Dinge: Stromwerte, die einen halben Strich niedriger flackerten als gewöhnlich, Ampeln, die auf andere Intervalle umgestellt wurden, und einige Wartungsdrohnen, die von ihren üblichen Routen abgezogen wurden. Nichts Drastisches. Nichts Dramatisches.
Aber wenn jemand genau hingeschaut hätte – wenn jemand wirklich gewusst hätte, worauf er achten muss – hätte er vielleicht bemerkt, dass sich Wege zu öffnen begannen.
Ein Weg für jemanden, um geradewegs in eine Zone zu gehen, die eigentlich nicht unbewacht sein sollte.
Und selbst wenn sie es bemerkt hätten, würden sie es wahrscheinlich für Glück halten.
Sie würden sich irren.
Oben hatte sich der Kriegsraum geleert. Einer nach dem anderen waren die Vorstandsmitglieder hinausgegangen, ihre Befehle im Gedächtnis verstaut, ihre Rollen bereits in Bewegung.
Aber der Direktor hatte sich nicht bewegt.
Er stand jetzt allein da, seine Finger ruhten noch immer am Rand des schwarzen Tisches. Die Wand vor ihm war noch immer leer, weiß, ohne Spiegelung, ohne Daten, ohne Ablenkung.
Und noch immer starrte er hindurch.
Nicht darauf.
Hindurch.
Dann, nach einem Moment der Stille, beugte er sich hinunter und griff unter den Tisch, seine Hand glitt in das versenkte Fach unter dem Rahmen.
Eine sichere Leitung. Nur manuell. Codiert für drei Namen.
Er drückte den zweiten.
Wartete.
Die Leitung klingelte nicht. Sie verband einfach. Still.
Und als die Stimme antwortete, verschwendete er keine Zeit.
„Es ist bestätigt", sagte er. „Das Abstiegsprotokoll hat begonnen. Der Plan ist aktiv. Wenn sie dem Faden folgen, den ich hinterlassen habe, werden sie nicht wieder hinausgehen."
Es gab eine kurze Pause. Dann eine Antwort – leise, abgemessen, absolut.
„Dann lass es brennen."
Die Augen des Direktors bewegten sich nicht, aber etwas in seinem Mundwinkel veränderte sich – kaum merklich.
Kein Schmunzeln.
Nicht einmal Zufriedenheit.
Nur ein Splitter kalter Ausrichtung.
Denn es ging nicht um persönlichen Sieg.
Es ging um Kontrolle.
Und irgendwann hatten sie vergessen, wer immer noch das Spielbrett in der Hand hielt.
Sie würden sich bald wieder daran erinnern.
Zwei Stockwerke tiefer, hinter verschlossenen Korridoren und fensterlosen Fluren, saß ein Assistent an seinem Schreibtisch in einem kleinen, klar strukturierten Büro.
Es gibt keine Fenster, keine Ablenkungen, nur Deckenbeleuchtung, ein Terminal und einen Stapel vorbereiteter Dokumente, die darauf warteten, bearbeitet zu werden.
Er konnte nicht älter als zweiundzwanzig sein; er hatte noch immer diese schmalschultrige Haltung, weil er neu im inneren Kreis war, aber er sah bereits aus wie jemand, der verstand, dass nichts an diesem Ort so funktionierte, wie es auf dem Papier stand.
Die Klimaanlage gab ein sanftes, gleichmäßiges Summen von sich. Eine der Deckenleuchten summte leise.
Der Assistent korrigierte seine Position, setzte sich gerader hin und begann, die Ordner auf seinem Schreibtisch in ordentliche Reihen zu sortieren.
Zwölf Pakete.
Identisches Format.
Gleiche Kopfzeilen. Gleiche Freigaben. Jedes in einem mattgrauen Umschlag mit den standardmäßigen Stufe-drei-Markierungen versiegelt.
Aber keines davon war echt.
Die aufgeführten Städte waren real genug – tatsächliche Orte, die in den letzten Monaten wegen geringfügiger Schwankungen markiert worden waren.
Kultgemurmel. Hintergrundenergiespitzen. Sogar ein paar unbestätigte Relikspuren. Genug, um Rauch zu vermuten.
Aber das Feuer?
Erfunden.
Der Inhalt war maßgeschneiderte Fehlinformation. Es gab Erwähnungen von versiegelten Jüngern und Gerüchte über erwachende Wächter des Ersten Risses in Hintergassen.
Koordinaten, die vergessenen Schreinen entsprachen, die angeblich göttliche Erbschaftsfragmente enthielten.
Jede Zeile ist so gestaltet, dass sie auf genau die richtige Weise schlampig aussieht. Hastig. Gestohlen. Gefährlich.
Die Art von Informationen, die man nicht ignoriert, wenn man der Erste sein will.
Er faltete die letzte Seite des letzten Pakets, schob sie in den Umschlag und drückte das eingebettete Siegel.
Das Schreibtischpanel unter seinem Handgelenk leuchtete grün auf.
Noch eines authentifiziert.
Noch eines zur Freigabe bereit.
Er hinterfragte es nicht.
Fragte sich nicht, wer am anderen Ende sein würde.
Die Anweisung kam vom Stockwerk des Direktors.
Das war die einzige Klarheit, die er brauchte.
Ein vorbeikommender Vorgesetzter steckte mitten beim Versiegeln seinen Kopf ins Büro.
„Hast du den dritten Stapel?"
„Erledigt", antwortete der Assistent. „Codiert und markiert."
„Gut. Satellitenwechsel in zwei Stunden. Deckungslücke ist eng. Keine Verzögerungen."
Der Vorgesetzte wartete nicht auf eine Antwort.
Er nickte nur und ging.
Der Assistent kehrte zu seinem Bildschirm zurück. Rief den Routenplan auf.
Zwölf Pakete. Zwölf verschiedene Boten.
Jedem war ein anderer interner Korridor zugewiesen. Jede Abreise war um fünfzehn Minuten versetzt.
Nicht um sie zu verlangsamen.
Nur um es unordentlich aussehen zu lassen. Echt.
Er beendete die Versandwarteschlange, lehnte sich dann leicht zurück und rollte seine Schultern, bevor er auf die schwarze Wand hinter seinem Schreibtisch blickte.
Auf den ersten Blick sah sie inaktiv aus.
Nur leere Paneele.
Aber unter dieser matten Schicht verfolgte eine tiefere Überlagerung die Bewegung interner Ressourcen.
Verkehrsumleitungen.
Abfangflaggen.
Externe Musterverschiebungen.
Er wartete.
Dann, zehn Sekunden später, blinkte ein neues Licht auf.
Grün.
Paket Sechs – weitergeleitet.
Nicht gestoppt. Nicht unter Quarantäne gestellt. Weitergeleitet.
Was bedeutete, dass jemand draußen angebissen hatte.
Das war genug.
Weit entfernt, in einer Stadt, die offiziell nicht existierte, saß ein Mann im Dunkeln in einem Raum, an den sich niemand zu erinnern pflegte.
Er trug nichts Beeindruckendes. Keine Symbole. Keine Roben. Keine Ausrüstung, die verraten hätte, wozu er gehörte.
Nur neutrale Farben. Ein schlichter Raum. Eine abgenutzte Pritsche.
Und ein Terminal mit einem gesprungenen Bildschirm.
Er öffnete das Paket, das ihm persönlich überbracht worden war. Scannte es einmal. Dann noch einmal.
Die Formulierung darin war nicht elegant.
Sie sollte es auch nicht sein.
Sie war direkt.
Erwähnungen einer mit Himmelskörpern verbundenen Reliquie.
Messwerte in der Nähe einer alten Unterstation. Flackernde Signale. Unvollständige Ritualprotokolle.
Genug Fäden, um etwas Vergrabenes zu vermuten.
Etwas Mächtiges.
Etwas Unvollendetes.
Die Art von Informationen, zu deren Verfolgung jemand wie er ausgebildet worden war.
Er tippte keine Antwort. Blinzelte nicht einmal.
Er griff zur Seite seines Schreibtisches und schaltete einen kleinen, kastenförmigen Transceiver ein.
Ein leiser Impuls bewegte sich nach außen. Nicht auf einer Standardfrequenz. Nichts, was leicht abgefangen werden konnte.
Aber jemand würde es hören.
Und fünf Minuten später tat das auch jemand.
Ein Piepen.
Eine Antwort.
Fünf Worte erleuchteten das Terminal.
„Zwei Gefäße entsenden. Authentizität bestätigen."
Und darunter, in kleinerer Schrift:
„Mit Lob fortfahren."
Er schaltete das Terminal aus. Stand langsam auf.
Keine Überraschung in seinem Gesicht.
Nur Bewegung.